Offener Brief an alle politisch Verantwortlichen in der Corona-Krise
zum Thema Messewirtschaft – die Chance zum Restart
Lieber Ministerpräsident Dr. Markus Söder,
als unser oberster Vertreter in Bayern spreche ich mit diesem Schreiben Sie als unseren Vertreter an, denn Sie haben auch die Kontakte zu Ihren Kollegen der Länder und der Bundesregierung. Sie sind Derjenige, der uns Alle mit einmaliger Verantwortung zu einer relativen Sicherheit in dieser Krise gebracht hat. Und dafür gilt Ihnen der Dank von uns Bürgern wie auch aller Firmen, die wir in Bayern zuhause sind.
Allerdings darf ich an dieser Stelle auch direkt zum Thema der Messewirtschaft kommen. Diese Branche ist wie keine Zweite gleich zu Beginn der Krise auf NULL gefahren. International aufgestellte Unternehmen bereits mit den Absagen in China und danach in ganz Asien. Dann folgte unser nationaler und europäischer Messemarkt – von Events überhaupt nicht zu reden. Zu guter Letzt trafen uns dann auch die Absagen anderer Länder und Kontinente, allem voran Nordamerika.
Auf die Hilfspakete zu verweisen hilft an dieser Stelle leider wenig. Angeschlagene Unternehmen bekommen ein wenig Liquidität andere Kredite – aber diese müssen wieder zurückgezahlt werden. Selbst wenn es jetzt auch auf Umsatzeinbrüche Hilfen geben soll, decken die in den meisten Fällen nicht ansatzweise die laufenden Kosten, Mieten, Zinsen und Abschreibungen. Und um als Verantwortlicher Unternehmer Kredite aufzunehmen, auch wenn der Staat dafür bürgt, heißt auch sich zum Zeitpunkt der Aufnahme Gedanken zu Rückzahlung zu machen. Aber wie.
Manche behaupten, die Messe- und Eventbranche ist als Erstes in die Krise gerauscht und wird als letztes wieder daraus hervorgehen. Aber wann wird das ein? Wenn das zu lange geht, liebe Verantwortliche, wird es Viele von uns nicht mehr geben.
Dabei gibt es so viele Gründe und Möglichkeiten, die auch wieder für den Start von Fachmessen sprechen. Gerade die bayrische und deutsche Industrie liefert Produkte von hoher Qualität und technischer Komplexität wie kaum ein anderes Land. Die wirklichen Vorteile und Unterschiede lassen sich nicht virtuell erklären.
Die meist hochpreisigen Produkte müssen ihren Qualitätsvorsprung demonstrieren können. Das “Touch and Feel“ ist dabei der wesentliche Vorteil in der Präsentation gegenüber günstigen Mitbewerbern. Videos können Hersteller aller Länder machen – funktionierende Präsentationen auf Fachmessen sind da eine ganz andere Herausforderung.
Dazu kommt das Thema der zwischenmenschlichen Kommunikation. Dabei geht es leider nicht nur um die verbale Kommunikation, diese ist über Videokonferenzen geführt leider zwischen den Anbietern einfach austauschbar und nicht vertrauensbildend und überzeugend. Es fehlt die nonverbale Kommunikation, Körpersprache und das Vertrauen oder Misstrauen. Dies ergibt sich nur von Angesicht zu Angesicht in Live-3D und nicht über Video. Nicht umsonst sprechen wir von Face-to-Face-Kommunikation, die im Vertriebsprozess eines Unternehmens ein essentieller Bestandteil für den wirklichen und nachhaltigen Erfolg ist. Ich darf an dieser Stelle nochmals betonen, dass dies umso mehr für den breit aufgestellten industriellen Mittelstand bei uns im Land gilt.
Und bei allem Bestreben, die Sicherheit und Gesundheit aller Menschen keinen größeren Risiken auszusetzen als wir verantworten können, müssen wir auch dafür Lösungen finden.
Bei einer Lockerung der Beschränkungen wären dann auch Fachmessen, unter bestimmten Voraussetzungen aller am Prozess daran Beteiligter schnell wieder, unter Einhaltung bester Sicherheitsstandards, möglich. Ich betone an dieser Stelle ausdrücklich, ich spreche nur von diesen, nicht von allgemeinen Ausstellungen und Verkaufsveranstaltungen. Im Einzelnen lassen sich nämlich die Voraussetzungen für Fachmessen auf die gegebene Situation anpassen.
Veranstalter und ihre Fachmessen werden in dieser Zeit sicherlich nicht durch die Quantität der Besucher, sondern durch die Qualität bemessen. So ergeben sich bei der Planung im Vorfeld bereits Lösungen für einen optimalen Ablauf mit Einhaltung von Abstandsregeln, aus den Fachmessen keine typische Massenveranstaltung machen, wie es bei Sportveranstaltungen oder anderen Events üblich ist.
Veranstalter und Messezentren können bei der Neuansetzung der Termine bereits mit der Laufzeit eine Möglichkeit schaffen, dass die Teilnehmeranzahl pro Tag beschränkt ist und somit im Gelände ausreichend Abstand gehalten werden kann. Vielleicht müssen die Veranstaltungen verlängert werden – aber ich bin mir sicher, dass auch dies möglich wäre.
Der Ticketverkauf findet nicht an der Kasse im Messegelände statt. Die beschränkte Anzahl der Tickets werden im Vorfeld für die jeweiligen Tage online verkauft. Somit ist gewährleistet, dass die Anzahl an Besuchern kontrollierbar ist. Zum Anderen würden alle Besucher persönlich mit Adresse erfasst werden. Falls also doch, wider erwarten, einen Ansteckung erfolgt, wären die Kontaktketten nachvollziehbar.
Ebenfalls könnten die Tickets mit Chips ausgestattet werden und auf der Messe ein Bewegungsprotokoll der Besucher erstellt werden. Datenrechtlich müssten Besucher diesem Procedere natürlich zustimmen – aber ich gehe davon aus, dass bei dem nötigen Interesse auch diese Bereitschaft vorhanden ist. Somit ist auch genau nachvollziehbar, wer wem auf der Messe nahegekommen sein könnte.
Ganz klar muss die Hygiene und Abstandsregel auch in der Messe gewährleistet werden. Desinfektionssäulen gab es ja schon bevor die Messen eingestellt wurden. Diese lassen sich problemlos erweitern. Jeder Besucher muss natürlich einen Mund- und Nasenschutz tragen. Dieser lässt sich mit dem Ticket verkaufen oder er wird von Sponsoren bestimmt als Werbemittel bereitgestellt. Die Hallengänge zwischen den Ständen können erweitert werden.
Die Aussteller und ihre Messebauer müssen die Stände einfach auch auf diesen geänderten Bedarf und Anspruch gestalten. Schon bautechnisch können Stände so konzipiert werden, dass die Aufbaumannschaften sich nicht ständig nahekommen müssen. Leichter Systembau hilft dabei auch. Auf Bewirtungszonen und nahe beieinander stehende Besprechungstische wird komplett verzichtet. Dafür sind Bodenraster denkbar, die Besuchern und Standpersonal einfach die Abstände von 1,5-2m im Quadrat aufzeigen. So kann man sich auch auf Abstand hervorragend besprechen ohne sich an der Bar oder am Tisch zusammenzusetzen. Auch Stehhilfen in diesem Raster wären denkbar. In jeder Situation könnte man ideal Abstand halten. Ähnliches gilt natürlich auch für die Hallengänge auch da lassen sich durch Abstandsgittermarkierungen einfach die Räume für die Besucher strukturieren.
Das Sicherheitspersonal der Messe kann die Einhaltung der Abstandsregeln auch einfach überwachen. Wobei ich mir nahezu sicher bin, dass auf Fachmessen eine höhere Disziplin bei den Besuchern zu erwarten ist, als sie aktuell in manchem Supermarkt vorzufinden ist.
Wichtig für uns alle in dieser Branche ist, dass auch wir wieder Planungsmöglichkeiten für die Zeit der Lockerung bekommen. Damit heißt es nicht, dass wir schon morgen wieder eine Messe veranstalten wollen. Aber im Interesse von uns Allen sollte verhindert werden, dass aus jeder Messeverlegung jetzt doch noch eine Absage wird. Sonst müssen wir in dieser Branche bald ein komplettes Jahr überbrücken. Das wird kaum Jemand schaffen – und was noch passieren wird, wenn wir dann wieder loslegen dürfen, fehlt es uns zum Schluss an qualifiziertem Personal, weil gerade die vielen Subunternehmer der Montagebetriebe sich bis dahin Auftraggeber in anderen Branchen suchen mussten.
Diese Anregungen sollten aus meiner Sicht umgehend mit den Fachspezialisten in Sachen Hygiene wie auch Kolleginnen und Kollegen von Messeveranstaltern und unseren Fachverbänden wie AUMA, IFES und FAMAB besprochen und zu einem Konzept ausgearbeitet werden.
Ganz klar gehören zu einer Fachmesse auch andere wirtschaftliche Faktoren. Aber hier wird aktuell ebenfalls bereits an Lösungen für die Zeit in der abflachenden Pandemie gearbeitet. Die Lufthansa setzt auf Distanz in ihren Flugzeugen. Flughäfen haben bereits entsprechende Hygieneregelungen und -kontrollen. Und das Hotelwesen wird sicherlich seinen Teil zu einem sicheren Start mit Abstand und Hygiene beitragen wollen. Und bei reduzierten und kontrollierten Fachmessen lassen sich dort die Besucherströme schon im Vorfeld gut planen.
Lieber Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder, liebe Volksvertreterinnen und -vertreter, sprechen Sie mit uns, mit meinen Kolleginnen und Kollegen (und gerne auch mit mir – in meinem verflixten 45. Messejahr) – und helfen Sie uns jetzt Lösungen für eine sichere Wiederbelebung des Messestandortes Bayern und Deutschland für die letzten 4 Monate des Jahres zu finden, um damit auch zu einem schnellen Anspringen unserer kompletten Wirtschaft beizutragen.
A K T I V
KOMMUNIKATIONS-MARKETING GMBH
Wolfgang Gößwein
Geschäftsführung